Nachhaltiger Konsum

Nachhaltigen Konsum – gibt es den überhaupt?

Ich gebe es frank und frei zu – ich bin durch meine Konsumleidenschaft zu meinem Beruf gekommen. Man wird kaum auf die Idee kommen, Kinderkleidung zu vermarkten, wenn man den eigenen Kindern einfach das überwirft, was gerade von der Cousine überlassen wurde und bereits so breit wie lang ist, aber „immer noch für eine Runde gut“. Ich interessiere mich für Mode und da diese nunmal schnelllebig ist, gibt es alle naselang wieder Trends, die ich auch gern für mich oder meine Kindern im Kleiderschrank haben möchte.

Doch je länger ich nun in dieser Branche arbeite, desto häufiger stellt sich mir die Frage nach den Grenzen des Konsums. Denn es ist wohl unbestritten, dass ständig neue Artikel einen Preis haben, der weit über den Kaufpreis hinausgeht. Ressourcen, Arbeitsplätze mit umstrittenen Bedingungen und wachsende Kleiderberge in Afrika seien hier nur als Beispiele genannt. Wenn man aber nicht ein und dieselbe Jeans immer wieder flicken, sondern der neuesten Momstyle-Hose unbedingt ausführe will. Sich dabei aber noch immer sich selbst im Spiegel anschauen können mag, für den oder die ist guter Rat teuer.

Ich bin nicht unbedingt jemand für Extreme und suche immer nach einem sowohl als auch. Und von diesem Kompromiss will ich hier berichten. Der erste Schritt war einfach: Die Kinder bekommen Kleidung aus Bio-Baumwolle und ich schaue durchaus darauf, wo produziert wurde. Wobei ich klar sagen will, dass China als Herkunftsland keineswegs schlecht ist – dort arbeiten mittlerweile unzählige Fabriken unter wirklich guten Bedingungen. Daher darf man China unter keinen Umständen in einen Topf mit Bangladesch oder den Philippinen werfen. Vorreiter-Land was Bio-Kleidung angeht, ist und bleibt aber die Türkei, dicht gefolgt von Portugal. Es gibt mittlerweile viele Marken mit wunderschöner, trendiger Kinderkleidung, bei der man wirklich kein schlechtes Gewissen haben muss. Und dass ein paar davon direkt bei mir im Showroom lagern, macht die Sache nicht schwieriger… Zudem pflege ich unsere Kleidung, halte auch die Kinder dazu an. Wir sind kein Haushalt in dem es heißt, ach egal, Kinder sind eben dreckig und machen alles kaputt. Wenn es passiert, ist es nicht weiter schlimm, aber beide Kinder haben schon ein Auge darauf, dass ihre Sachen ordentlich behandelt werden um sie danach noch weitergeben zu können. Ich finde, das ist nicht zu viel verlangt ab einem gewissen Alter und es gibt den Dingen auf einfache Weise ein zweites Leben.


Baba Urlaubsflieger-Shirt – 2016 (ja, den Fleck habe ich wieder rausbekommen)
Das selbe Shirt 2018 beim kleinen Bruder.

Eine ganz andere Geschichte ist es bei der Frauenkleidung: Der Stil von Hess Natur ist an sich wunderschön, aber entspricht nicht unbedingt dem meinen. Und das zieht sich leider durch die meisten Anbieter für Bio Kleidung durch. So sind Marken wie King Louie und Tranquillo wunderschön und ich habe auch einige Teile davon, aber es sind eben doch Einzelstücke. Wer noch einen Tipp hat, der möge sich bitte bei mir melden. Wenn ich aber bei den neuesten Trends gucke, schaue ich, was Nachhaltigkeit der Rohstoffe angeht, noch immer meist in die Röhre. Aus diesem Grund ist Monki mittlerweile ein Chefausstatter von mir geworden, denn dort gibt es neben ner Menge cooler Styles auch immer wieder Bio-Artikel. Das löst aber nicht das Problem der schnellen Trendfolge. Denn die ist schnell. Wo Kinderkleidung automatisch alle sechs Monate erneuert werden muss, einfach weil die lieben Kleinen so schnell wachsen, habe ich für mich diese Ausrede leider nicht.

Und so übe ich mich seit kurzer Zeit in Mix & Match. Neuer Trend? Schön, aber es wird nur ein Teil davon geholt und mit altem kombiniert, so muss nicht der gesamte Kleiderschrank erneuert werden und der Style wird auch gleich noch etwas individueller. Die 7/8 Hose aus dem Sommer ist nun eigentlich etwas zu kalt? Stulpen drüber und schon wird sie weiter ausgeführt.

10 Jahre alte Stulpen überbrücken den Übergang zu den Stiefeln

Und überhaupt – im Winter: Mal ehrlich, da sehen die Leute von einem doch sowieso nur Mantel und Schal. Und hier muss ich zugeben, dass ich ungern zwei Saisons den gleichen Mantel trage. Die Lösung: Ich habe mit meiner Mutter getauscht. Ihren alten Lammfellmantel trage ich nun tagtäglich mit viel Freude. In diesem Fall sogar doppelt: Denn gekauft hätte ich ihn mir nicht. Zu sehr haben mich Berichte über Lammfell-Erzeugung wach gerüttelt (wer will, kann das ja gern mal googlen. Aber aufgepasst, nichts für schwache Nerven!). Aber dieses Erbstück halte ich quasi weiter in Ehren. Wenn schon ein Lamm daran glauben musste, so nutzen wir das Schmuckstück wenigstens so lange und gut es geht und halten es so in Ehren. 

Gute Pflege gehört selbstverständlich dazu und so sehen meine Kleidungsstücke immer noch wirklich makellos aus, wenn ich sie weitergebe. Genau das tue ich nämlich. Wann immer ich denke, dass ein Teil ausziehen darf, überlege ich, ob ich jemanden kenne, für den genau dieses Kleidungsstück das Richtige wäre. Und das ist erstaunlich oft der Fall.

Ich mache jemandem damit nicht nur eine Freude, sondern gebe dem Kleidungsstück damit auch ein zweites Leben. Und wenn kein Abnehmer in Sicht ist, hebe ich das gute Stück auf und warte auf einen Flohmarkt, wo ich mich über die glänzenden Augen einer neuen Besitzerin freue, wenn sie ihr neues Lieblingsteil bei mir entdeckt.

Und die Moral von der Geschicht? Dass ich moralisch nicht erhaben bin. Ich kaufe weiterhin auch Trendneuheiten, versuche aber, mit Blick auf Herstellung und Langlebigkeit einen kleinen Beitrag zu leisten, um hin zu mehr Nachhaltigkeit zu kommen. In einem anderen Beitrag werde ich noch mal gesondert auf Kindermode und Nachhaltigkeit zu sprechen kommen. Habt ihr da noch spezielle Fragen?

By the way – was haltet ihr davon, wenn wir hier in Hamburg mal eine Tauschbörse veranstalten? Die liebe Meike Rasmusson hat mich auf diese tolle Idee gebracht. Ein paar Frauen mit viel Liebe für Mode, ein Nachmittag bei Kaffee und Kuchen und wir tauschen all das, was uns eigentlich noch lieb und teuer, aber nicht mehr ganz passend ist. Gute Idee oder Nonsense?

Ich freue mich auf eure Tipps, Meinungen und Anregungen. Denn dieses Thema steckt gerade erst in seinen Kinderschuhen…

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